In diesem Artikel gehe ich auf den Zeitaufwand des Rechtsreferendariats insgesamt ein. Insbesondere werden wir uns das Nebeneinander von Stationen, Arbeitsgemeinschaften, Examensvorbereitung und ggf. einer Nebentätigkeit anschauen. Außerdem gehe ich auf die Frage ein, ob man während des Referendariats sinnvoll ein Zweitstudium oder eine Promotion abschließen kann.

Der Zeitaufwand des Jura-Referendariats ist sehr hoch und übersteigt 40 Wochenstunden deutlich. Das liegt an der Mehrfachbelastung durch Referendariatsstationen, Arbeitsgemeinschaften, eigener Examensvorbereitung und teilweise aus finanziellen Gründen erforderlicher Nebentätigkeit.

Zeitaufwand und Arbeitszeiten in den Stationen

Der Zeitaufwand der Stationsarbeit ist von Referendar zu Referendar und Station zu Station sehr unterschiedlich.

Zeitaufwand und Arbeitszeiten in der Zivilrechtsstation und anderen Gerichtsstationen

In Stationen bei Gericht, wie z.B. der Zivilrechtsstation, ist der Zeitaufwand im Durchschnitt verhältnismäßig niedrig.

Man trifft sich oft einmal die Woche mit seinem Ausbilder, bekommt ein Urteil zu schreiben mit nach Hause und hat dafür ein oder zwei Wochen Zeit. Hin und wieder sitzt man bei Verhandlungen bei. Bei vielen Richtern kommt man mit zwei oder vielleicht drei Tagen die Woche Arbeit hin, bei einigen auch mit weniger.

Es gibt jedoch auch Richter, welche einen wesentlich stärker einbinden, z.B. durch häufigeres Beisitzen oder mit mehr Urteilen, die sie einem zu schreiben geben. Dann kann die Arbeitsbelastung auch vier Tage die Woche betragen.

Wenn Du das Gefühl hast, dass Dein Ausbilder Dich zu stark einbindet und Dir zu wenig Zeit für die Examensvorbereitung bleibt, sollst Du das sagen und darum bitten, dass Deine Arbeitslast reduziert wird. Du kannst zwar nicht ausschließen, dass sich das auf Dein Stationszeugnis auswirkt, aber am Ende ist das Examen einfach wichtiger.

Zeitaufwand und Arbeitszeiten als Referendar bei der Staatsanwaltschaft

Wenn Du Deine Strafrechtsstation bei der Staatsanwaltschaft absolvierst, dann ist Deine Arbeitslastung tendenziell etwas höher als bei Gericht. Zum einen neigen Staatsanwälte aus der Erfahrung dazu, einem tendenziell etwas mehr Aufgaben zuzuteilen, zum anderen wirst Du selbstständig Sitzungsvertretung übernehmen. Und da bereitet man sich dann meistens doch etwas intensiver vor.

Der Vorteil an einer Station bei der Staatsanwaltschaft ist aber, dass Du automatisch die Formalia der Anklageschrift trainierst, was ansonsten ein recht mühsamer Teil der Examensvorbereitung ist (deutlich mühsamer, als die Formalia des strafrechtlichen Urteils zu lernen). Das spielt aber natürlich nur eine Rolle, wenn es in Deinem Bundesland eine Staatsanwaltsklausur gibt.

Zeitaufwand und Arbeitszeiten als Referendar bei einer Behörde

Bei den meisten Behörden arbeitest Du als Referendar vier Tage pro Woche, im Ausland häufig auch fünf.

Die Arbeitszeiten sind unterschiedlich. Ich habe beim Hamburger Ministerium für Inneres von vier Tage pro Woche 9 bis 14:30 Uhr gearbeitet, abzüglich Mittagspause also 18 Wochenstunden.

Längere Arbeitszeiten von 8 bis 16 Uhr, 9 bis 16 Uhr oder 9 bis 17 Uhr sind in der Verwaltungsstation bei Behörden aber nicht unüblich und gerade bei Bezirksämtern der Standard. Dann kommst Du durchaus auf auf 28, 32 oder, falls Du im Ausland bist und fünf Arbeitstagen pro Woche arbeitest (was nicht immer der Fall ist), sogar auf 40 Wochenstunden.

Es gibt allerdings auch Behörden, bei Deinen man im Referendariat deutlich weniger arbeitet. In Hamburg gehören dazu z.B. der Infopoint Europa und das Eisenbahnbundesamt. Wenn Du bei solchen Behörden Deine Verwaltungsstation absolvieren willst, musst Du Dich extrem früh bewerben, teilweise Jahre im Voraus.

Arbeitszeiten in der Anwaltsstation

Die Arbeitszeiten in der Anwaltsstation varieren extrem. Einige Referendare absolvieren die Station bei einem befreundeten Anwalt und arbeiten quasi gar nicht. Andere schrubben fünf Tage die Woche. Letztere Referendare tun dies aber in der Regel auch nur für ein paar Monate und widmen sich dann in den letzten Monaten vor den Klausuren ganz der Examensvorbereitung. Dazwischen gibt es auch alles.

Was die Arbeitszeiten an einem Tag angeht, hängt das zum Teil von der Kanzlei bzw. dem Team, aber auch von Dir selbst ab.

Grundsätzlich arbeiten Referendare weniger als Associates.

Ein typischer Arbeitstag für einen wissenschaftlichen Mitarbeiter wäre in der Großkanzlei wohl ca. von 9 bis 19 Uhr, in kleineren Kanzleien auch weniger.

Gerade in Großkanzleien wird aber zumeist eine gewisse Flexibilität erwartet, dass heißt, wenn viel zu tun ist, erwarten die Kanzleien, dass der Referendar länger bleibt. Wenn weniger zu tun ist, werden die meisten einen dafür auch mal schon um 17 Uhr nach Hause schicken.

Es gibt in Großkanzleien – vereinzelt – auch Anwälte, die Nachtschichten von Referendaren erwarten. Ob man dieser Erwartung nachkommen möchte, muss man selbst wissen.

Insgesamt dürfte in der Anwaltsstation am üblichsten die 9-19 Uhr Vier-Tage-Woche sein kombiniert mit einer Tauchzeit von vier bis fünf Monaten vor den Examensklausuren. Tauchzeit bedeutet, dass die Referendare in den letzten Monaten vor dem Examen gar nicht mehr in die Kanzlei kommen, sondern sich ausschließlich auf das Examen vorbereiten. Viele Bundesländer verbieten dies, dennoch tauchen die allermeisten Referendare (siehe dazu auch diesen Artikel).

Arbeitszeiten bei Nebentätigkeit in einer Großkanzlei als wissenschaftlicher Mitarbeiter

Die meisten Referendare, die während ihrer Stationen in Nebentätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiter in Großkanzleien arbeiten, tun dies einen Tag pro Woche. Mehr würde ich Dir auch nicht empfehlen. Zum einen läufst Du sonst in vielen Bundesländern in die Anrechnungsregelungen, d.h. Eine Unterhaltsbeihilfe wird Dir gekürzt, weil Du nebenbei zu viel verdienst. Zum anderen brauchst Du die Zeit aber auch zum Lernen.

Die Arbeitszeiten an einem Tag sind ähnlich wie in der Anwaltsstation. Insoweit sei nach oben verwiesen.

Zeitaufwand der Arbeitsgemeinschaften (AGs)

Wieviel Zeit Du mit Deinen Arbeitsgemeinschaften verbringst, hängt erstens von Deinem Bundesland ab, zweitens davon, in welcher Referendariatsstation Du gerade bist und drittens davon, wieviel du vor- und nachbereiten willst.

In fast allen Bundesländern hast Du zu Beginn jedenfalls der ersten drei Stationen blockartige Einführungsveranstaltungen, wo Du vier oder fünf Tage die Woche meist etwa halbtags anwesend bist und die Du am Nachmittag nachbereiten kannst.

Nach diesen Einführungslehrgängen hast Du meist einmal pro Woche AG und manchmal zusätzlich Klausurenkurse (bundeslandabhängig). Hiervon gibt es aber Abweichungen. So hast Du in Hamburg nach den Einführungslehrgängen gar keine stationsbegleitenden AGs mehr und in Bayern teilweise zwei Mal pro Woche AG.

Zeitaufwand der Examensvorbereitung

Das Referendariat ist eine spannende Zeit, in der man viel erleben kann. Du musst allerdings aufpassen, dass das Examen dabei nicht in den Hintergrund rutscht. Manch ein Referendar erlebt seine böse Überraschung, wenn er nach tollen Nebenjobs, Speyer-Party-Semester und Auslandsaufenthalt anfängt zu tauchen und feststellt, dass er den ganzen Stoff in vier Monaten nicht in seinen Kopf kriegen wird (wenn Du nicht weißt was „tauchen“ ist oder mehr dazu wissen willst, findest Du hier einen eigenen Artikel dazu).

Eine intensive Examensvorbereitungsphase in den letzten Monaten vor den Klausuren zu haben, hilft auf jeden Fall immens. Genauso wichtig ist aber, dass Du von Anfang an am Ball bist und die Examensvorbereitung über das gesamte Referendariat kontinuierlich vorantreibst.

Denn nur dann hast Du Gelegenheit, den gelernten Stoff zu wiederholen, zu vertiefen und immer wieder anzuwenden. Und genau das ist es, was am Ende dazu führt, dass Du den Stoff wirklich beherrschst und in den Klausuren anwenden kannst.

Wie Du die Motivation für diese kontinuierliche Examensvorbereitung aufbringen kannst, habe ich hier beschrieben.

Fazit: Zeitaufwand des Referendariats insgesamt

Wie zeitaufwendig ist das Rechtsreferendariat also insgesamt? Das kommt natürlich auf Deine Ansprüche an. Wenn Du lange vorher planst, viel tauchst, keine potentiellen Arbeitgeber kennenlernen willst, kein Geld aus einem Nebenjob brauchst und keinen Wert auf ein besonders gutes Examen legst, kannst Du im Ref ein relativ entspanntes Leben führen.

Ich gehe aber davon aus, dass Du aus Deinem Ref das beste rausholen willst. Du willst primär ein gutes zweites Staatsexamen schreiben, Du willst mögliche spätere Arbeitgeber kennenlernen und Dich bei Ihnen empfehlen. Du willst vielleicht nochmal ins Ausland gehen und möglicherweise ist die Unterhaltsbeihilfe etwas zu knapp für Dich, so dass Du nebenbei auch noch arbeitest.

In diesem Fall wird das Referendariat Dich auf jeden Fall deutlich mehr als 40 Wochenstunden beschäftigen. Die meisten Referendare fahren spätestens ab der Anwaltsstation die 6-Tage-Woche, wie auch in der Examensvorbereitung vor dem ersten Examen.

Weil das Referendariat sehr zeitaufwendig und stressig ist, und man sich oft auch ein bisschen verloren fühlt, habe ich die Juratopia Ref-Hacks ins Leben gerufen. Das sind E-Mails, mit denen ich Dich durchs Referendariat begleite und Dir helfe, das meiste aus dem Ref und dem zweiten Examen herauszuholen. Das Ganze kostet nichts. Du kannst Dich hier anmelden.

Zweitstudium während des Jura-Referendariats

Teilweise geistert in Foren die Fragen herum, ob man während des Rechtsreferendariats ein weiteres Studium absolvieren könne.

Wahrscheinlich geht es aus dem oben Geschriebenen schon hervor, aber: 99,99% der Referendare kann ich hiervon nur dringendst abraten. Das Referendariat ist sehr fordernd und Du wirst Deine Energie und Zeit für das Referendariat selbst brauchen. Das zweite Staatsexamen ist auch nicht etwa bloß ein „Anhängsel“ an das erste, sondern mindestens genauso schwierig (dazu mehr hier).

Das gesagt: Ich kenne tatsächlich eine Anwältin, die parallel zum Referendariat Sinologie studiert hat, trotzdem ein gutes Examen geschrieben hat und heute Partnerin in einer Spitzenkanzlei ist. Es ist also möglich.

Sie ist aber auch die einzige Person, die ich kenne, dies das erfolgreich gemacht hat. Sie hat innerhalb von insgesamt vier Jahren:

  • einen LL.M. absolviert,
  • promoviert,
  • das Referendariat durchlaufen und
  • einen Diplomstudiengang in Sinologie erfolgreich abgeschlossen.

Ich würde sie als ein absolutes Ausnahmetalent bezeichnen.

Das heißt: Wenn Du ein Ausnahmegenie bist und Dein Referendariat frühzeitig mit vielen arbeitsarmen Stationen organisierst, dürfte es möglich sein. Ansonsten rate ich Dir dringend von einem Zweitstudium während Deines Jura-Referendariats ab.

Promotion während des Jura-Referendariats

Ein häufiges Thema ist auch das Promovieren während des Referendariats. Ich kenne tatsächlich niemanden, der während des Refs angefangen hätte, zu promovieren. Ich kenne aber eine Menge Leute, die ihre Promotion bis zum Anfang des Referendariats nicht fertig gekriegt und dann mit ins Ref genommen haben.

Das ist durchaus möglich, wenn nur noch ein kleiner Teil der Promotion fehlt und Du vielleicht die ersten sechs Monate des Referendariats ein oder zwei Tage pro Woche der Promotion widmest und sie dadurch vollendest. Bei den meisten Referendaren, die ich kenne, hat das auch so geklappt. Ein paar haben ihre Promotion aber auch während des Referendariats nicht beendet und mussten nach dem Ref nochmal einige Monate für ihre Promotion dranhängen, bevor es in den Job als Anwalt ging.

Wenn Du Deine Promotion während des Refs beenden willst, sollte diese schon sehr weit fortgeschritten sein und Du solltest während Deines Referendariats keinem Nebenjob nachgehen (müssen).

Artikel verfasst von: 

Lucas Kleinschmitt

Lucas ist Volljurist und Gründer von Juratopia. Nach Studium an der Bucerius Law School und Referendariat in Hamburg hat er einige Jahre als Anwalt in Großkanzleien gearbeitet. Heute ist er Syndikusrechtsanwalt in einem DAX-Konzern.

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