Der Straftatbestand des Raubes ist in § 249 StGB geregelt. Die Strafbarkeit des Versuchs ergibt sich aus § 23 Abs. 1 StGB, da der Raub ein Verbrechen ist. Die Qualifikation des Raubes findet sich in § 250 StGB. § 251 StGB enthält eine Erfolgsqualifikation.

Im Folgenden zeige ich Dir zuerst ein Kurzschema für den ersten Überblick über die Prüfung des Raubes. Darunter findest Du dann ein ausführliches Prüfungsschema zum Raub mit Definitionen und Klausurproblemen.

Zunächst ein Kurzschema zum Raub nach § 249 StGB:

A. Tatbestand

I. Objektiver Tatbestand

1. Fremde bewegliche Sache

2. Wegnahme

a) Bruch fremden Gewahrsams

b) Begründung neuen Gewahrsams

3. Nötigungsmittel

a) Gewalt gegen eine Person

b) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben

4. Finalzusammenhang zwischen Nötigungsmittel und Wegnahme

II. Subjektiver Tatbestand

1. Vorsatz

2. Zueignungsabsicht

a) Absicht zumindest vorübergehender Aneignung

b) Vorsatz dauerhafter Enteignung

3. Objektive Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung und entsprechender Vorsatz

B. Rechtswidrigkeit

C. Schuld

D. Konkurrenzen

Sodann ein ausführliches Schema zu § 249 StGB mit Definitionen und Klausurproblemen:

A. Tatbestand

I. Objektiver Tatbestand

Der Raub setzt objektiv alle Tatbestandsmerkmale eines Diebstahls sowie zusätzlich den Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels zur Ermöglichung der Wegnahme voraus.

Die Merkmale des Diebstahls definiere ich in diesem Schema nur kurz. Für die zugehörigen Klausurprobleme schaue Dir bitte das Prüfungsschema zum Diebstahl an.

1. Fremde bewegliche Sache

Sachen im strafrechtlichen Sinne sind alle körperlichen Gegenstände.

Gegenstand ist alles, was Objekt von Rechten sein kann.

Körperlich sind Gegenstände, wenn sie im Raum abgrenzbar sind, sei es durch eine eigene räumliche Begrenzung (z.B. ein Computer, ein Laib Brot) oder durch Einfassung in einem Behältnis (daher spielt der Aggregatzustand des Gegenstands keine Rolle).1

Fremd ist eine Sache, wenn sie (zumindest auch) im Eigentum eines anderen steht, also weder im Alleineigentum des Täters steht, noch herrenlos ist.2

2. Wegnahme

Wegnahme ist der Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht zwingend tätereigenen Gewahrsams.3

a) Bruch fremden Gewahrsams

Gewahrsam meint die tatsächliche Sachherrschaft eines Menschen über eine Sache, getragen vom natürlichen Herrschaftswillen, deren Reichweite von der Verkehrsauffassung bestimmt wird.4

Tatsächliche Sachherrschaft liegt vor, solange der Berechtigte auf die Sache unter normalen Umständen einwirken kann und seiner Herrschaft keine Hindernisse entgegenstehen.5

Fremder Gewahrsam wird gebrochen, wenn er ohne oder gegen den Willen des Gewahrsamsinhabers aufgehoben wird (tatbestandsauschließendes Einverständnis).6

Klausurproblem: Abgrenzung des Raubes von der räuberischen Erpressung

Beim Gewahrsamsbruch kann der Streit zum Verhältnis zwischen Raub und räuberischer Erpressung relevant werden. Nach der Rechtsprechung liegt ein Raub vor, wenn der Gewahrsamswechsel sich äußerlich als ein Nehmen darstellt und nicht als ein Geben.7

Nach der herrschenden Lehre hingegen kommt es auf die innere Willensrichtung des Opfers an: Meint das Opfer, dass der Gewahrsamswechsel auch ohne seine Mitwirkung „ohnehin“ stattfinden wird, liegt ein Gewahrsamsbruch im Sinne des Raubes vor, anderenfalls eine Vermögensverfügung im Sinne der räuberischen Erpressung.8

Die Abgrenzung hängt unmittelbar mit dem Verhältnis zwischen Raub und räuberischer Erpressung zusammen. Während die Rechtsprechung den Raub als lex specialis zur räuberischen Erpressung sieht, nimmt die herrschende Lehre ein Exklusivitätsverhältnis zwischen beiden Tatbeständen an. Der Streit hat einige Facetten und ist extrem klausurrelevant. Ich habe ihm deshalb einen eigenen Artikel gewidmet.

b) Begründung neuen Gewahrsams

Neuer Gewahrsam des Täters ist begründet, wenn er die Herrschaft über die Sache derart erlangt hat, dass er sie ohne Behinderung durch den alten Gewahrsamsinhaber ausüben und dieser nicht mehr über die Sache verfügen kann, ohne seinerseits die Verfügungsgewalt des Täters zu brechen.9

3. Nötigungsmittel

Der Tatbestand des Raubes erfordert zudem den Einsatz eines qualifizierten Nötigungsmittels. Hierbei kommen Gewalt gegen eine Person oder eine Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben in Betracht.

a) Gewalt gegen eine Person

Gewalt ist die Entfaltung von – nicht notwendig erheblicher – Körperkraft durch den Täter, die einen unmittelbar oder mittelbar auf den Körper eines anderen wirkenden Zwang ausübt, der nach der Vorstellung des Täters geeignet ist, einen geleisteten oder erwarteten Widerstand zu überwinden oder auszuschließen.10

Die Gewalt muss sich nach dem Wortlaut grundsätzlich gegen eine Person richten. Gewalt gegen Sachen erfüllt den Tatbestand nur dann, wenn sich die unmittelbare Sacheinwirkung mittelbar gegen eine Person richtet und sich als körperlich empfundener Zwang auswirkt.11

Klausurprobleme:

  • Sitzblockaden durch das Abstellen von Fahrzeugen auf einer Straße unterfallen nur dann dem Gewaltbegriff, wenn die Teilnehmer, über die durch ihre körperliche Anwesenheit verursachte psychische Einwirkung hinaus eine physische Barriere errichten, z.B. durch Anketten an Pfosten des Einfahrttors12 oder Abstellen von Fahrzeugen auf beiden Fahrstreifen und dem Seitenstreifen der Autobahn.13
  • Ausnutzung eines Überraschungsmoments beim Opfer: Für eine Gewaltanwendung ist immer erforderlich, dass der Täter zur Überwindung eines erwarteten Widerstandes handelt. Das ist nicht der Fall, wenn List und Schnelligkeit das Bild der Tat prägen.14
  • Bewusstlose oder schlafende Opfer: Auch gegenüber bewusstlosen oder schlafenden Opfern kann Gewalt ausgeübt werden. Nach der Rechtsprechung ist es nicht erforderlich, dass der Betroffene eine körperliche Zwangswirkung empfindet.15

b) Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben

Drohung ist das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, dessen Eintritt der Drohende als von seinem Willen abhängig darstellt.16

Mit einer gegenwärtigen Gefahr droht, wer eine Schädigung an Leib oder Leben in Aussicht stellt, die bei ungestörter (natürlicher) Weiterentwicklung der Dinge als sicher oder höchst wahrscheinlich zu erwarten ist, falls nicht alsbald eine Abwehrmaßnahme ergriffen wird.17

Bei der Bedrohung des Opfers mit einer durchgeladenen und entsicherten Schusswaffe ist nach der Rechtsprechung nicht die Variante der Drohung, sondern der Gewalt einschlägig. Denn der Täter wende körperliche Kraft auf und das Opfer empfinde nicht nur seelischen, sondern auch körperlichen Zwang.18

4. Finalzusammenhang zwischen Nötigungsmittel und Wegnahme

Gewalt und Drohung müssen nach der Vorstellung des Täters ein Mittel sein, um die Wegnahme zu ermöglichen. Nicht entscheidend ist, ob das Nötigungsmittel zur Erreichung dieses Zwecks objektiv erforderlich war.19

Es ist unerheblich, wenn der Täter bei der Nötigungshandlung noch weitere Ziele verfolgt, solange die Wegnahme nicht dahinter zurücktritt.20

Folgende Klausurkonstellationen solltest Du noch kennen:

  • Fortgesetzte Gewaltanwendung: Wenn die Gewalt zwar ohne Wegnahmevorsatz begonnen wurde, aber zum Zwecke der Wegnahme einer Sache fortgesetzt wird, liegt der notwendige Finalitätszusammenhang vor.21
  • Fortwirken einer abgeschlossenen Gewaltanwendung: Nutzt der Täter hingegen nur die Wirkung der von ihm zuvor ohne Wegnahmevorsatz angewendeten Gewalt zur Wegnahme einer Sache aus und dauert die Gewaltanwendung selbst gerade nicht mehr fort, fehlt der Finalzusammenhang.22 Dies ist z.B. der Fall, wenn der Täter dem niedergeschlagenen, bewusstlosen Opfer einen Gegenstand entwendet und dies vor der Gewaltanwendung nicht beabsichtigt war.
  • Besonders umstritten ist die fortgesetzte Gewaltanwendung durch Unterlassen: In dieser Konstellation wurde die Gewalt durch aktives Tun ohne Wegnahmevorsatz begonnen, wird dann aber nicht durch aktives Tun, sondern durch Unterlassen fortgesetzt. Beispiel: Fesselung ohne Wegnahmevorsatz, dann Fassung des Wegnahmevorsatzes während das Opfer noch gefesselt am Boden liegt. Die wohl h.M. bejaht hier die Finalität. Denn anders als das Wecken eines bewusstlos Geschlagenen wäre dem Täter das Lösen der Fesselung möglich, so dass eine Garantenpflicht aus Ingerenz folge. Dagegen wird teilweise eingewandt, dass so der sanftere Täter, der sein Opfer nur fesselt, schlechter behandelt werde als der brutalere Täter, der sein Opfer bewusstlos schlägt.23
  • Fortwirkung von Gewalt als Drohung: In dieser Konstellation wendet der Täter zunächst Gewalt ohne Wegnahmevorsatz an. Auch wenn die Gewaltausübung selbst beendet ist, wirkt sie jedoch im konkreten Fall als Drohung erneuter Gewaltanwendung weiter. Der Täter erkennt dies und nutzt es zur Wegnahme. Der Finalzusammenhang ist hier zwischen der Drohung und der Wegnahme zu bejahen.24

II. Subjektiver Tatbestand

Im subjektiven Tatbestand finden sich wieder keine Unterschiede zum Diebstahl, sodass ich an dieser Stelle nur kurz auf die Voraussetzungen eingehe. Ausführliche Erläuterungen hierzu findest Du im Prüfungsschema zum Diebstahl nach § 242 StGB.

1. Vorsatz

2. Zueignungsabsicht

Zueignungsabsicht ist die Absicht, die Sache sich oder einem Dritten zumindest vorübergehend anzueignen und der Vorsatz, den Eigentümer dauerhaft zu enteignen.25

a) Absicht zumindest vorübergehender Aneignung

Zueignung bedeutet die Anmaßung einer eigentümerähnlichen Herrschaftsmacht über die Sache.26

b) Vorsatz dauerhafter Enteignung

Unter Enteignung versteht man die Verdrängung des Eigentümers aus seiner Position.27

Bezüglich der Enteignung muss lediglich dolus eventualis vorliegen.28

3. Objektive Rechtswidrigkeit der erstrebten Zueignung und entsprechender Vorsatz

Die beabsichtigen Selbst- oder Drittzueignung ist rechtswidrig, wenn der Täter keinen fälligen und einredefreien Anspruch auf Übereignung der weggenommenen Sache hat und sie auch nicht aus allgemeinen Rechtfertigungsgründen gerechtfertigt ist.29

Bezüglich der Rechtswidrigkeit der Zueignung genügt dolus eventualis.30

B. Rechtswidrigkeit

Allgemeine Rechtfertigungsgründe

C. Schuld

Allgemeine Entschuldigungsgründe

D. Konkurrenzen

§ 249 StGB ist lex specialis zu §§ 242, 243 StGB. Nach dem BGH gilt das auch für § 244 StGB, da der Tatbestand des Diebstahls insgesamt für den Raub keine selbständige Bedeutung mehr habe und in diesem aufgehe.31 In der Literatur wird teils zwischen den verschiedenen Varianten des § 244 StGB differenziert.32

Tateinheit kann aber bei vollendetem Diebstahl und versuchtem Raub bestehen.33

Das Verhältnis zwischen Raub nach § 249 StGB und räuberischer Erpressung nach §§ 253 Abs. 1, 255 StGB ist hochumstritten. Wegen seiner besonderen Klausurbedeutung habe ich diesen Klassiker in einem separaten Artikel zusammengefasst.

Klausurhinweis:

Denke ggf. auch an die Qualifikationen des schweren Raubs in § 250 StGB und die Erfolgsqualifikation des Raubes mit Todesfolge in § 251 StGB.

Schlusswort

Ich hoffe, Du fandest dieses Prüfungsschema zum Raub nach § 249 StGB hilfreich. Wenn Du Verbesserungsvorschläge hast, lass es mich gerne wissen! Ich bin immer bemüht, die Inhalte auf Juratopia weiter zu verbessern.

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Quellennachweise:

  1. MüKo StGB, 3. Auflage 2017, § 242 Rn. 25.
  2. Schönke/Schröder StGB, 30. Auflage 2019, § 242 Rn. 12.
  3. RG, Urt. v. 01.12.1926, Az.: III 615/26.
  4. Fischer StGB, 67. Aufl. 2020, § 242 Rn. 11.
  5. BGH, Urt. v. 26.06.2008, Az.: 3 StR 182/08.
  6. BGH, Urt. v. 16.04.1952, Az.: II ZR 49/51.
  7. BGH, Beschl. v. 02.12.2010, Az.: 4 StR 476/10.
  8. vgl. Schönke/Schröder StGB, 30. Auflage 2019, § 249 Rn. 2.
  9. BGH, Urt. v. 26.06.2008, Az.: 3 StR 182/08; BGH, Beschl. v. 18.06. 2013, Az.: 2 StR 145/13.
  10. MüKo StGB, 3. Auflage 2017, § 253 Rn. 9.
  11. BGH, Urt. v. 27.08.1969, Az.: 4 StR 268/69.
  12. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001, Az.: 1 BvR 1190/90, 1 BvR 2173/93, 1 BvR 433/96, Fall 1
  13. BVerfG, Beschl. v. 24.10.2001, Fall 2.
  14. BGH, Urt. v. 12.12.1989, Az.: 1 StR 613/89.
  15. vgl. BGH, Urt. v. 18.12.1952, Az.: 4 StR 622/52.
  16. BGH, Urteil vom 19. 12. 1961, Az.: 1 StR 288/61; MüKo StGB, 3. Auflage 2017, § 253 Rn. 10.
  17. vgl. BGH, Urt. v. 09.10.2014, Az.: 4 StR 208/14.
  18. BGH, Urt. v. 27.08.1969, Az.: 4 StR 268/69.
  19. vgl. BGH, Urt. v. 06.10.1992, Az.: 1 StR 554/92.
  20. vgl. BGH, Urt. v. 06.10.1992, Az.: 1 StR 554/92.
  21. BGH, Urt. v. 15.09.1964, Az.: 1 StR 267/64.
  22. BGH, Urt. v. 21.03.2006, Az.: 3 StR 3/06.
  23. zum Streitstand ausführlich MüKo StGB, § 249 Rn. 33.
  24. vgl. BGH, Beschl. v. 12.08.1992, Az.: 3 StR 358/92.
  25. Kindhäuser/Neumann/Paeffgen StGB, 5. Auflage 2017, § 242 Rn. 69; zum Vorsatz siehe MüKo StGB 3. Auflage 2017, § 242 Rn. 126, mit weiteren Nachweisen.
  26. Schönke/Schröder StGB, 30. Auflage 2019, § 242 Rn. 47.
  27. MüKo StGB, 3. Auflage 2017, § 242 Rn. 126.
  28. MüKo StGB 3. Auflage 2017, § 242 Rn. 126, mit weiteren Nachweisen.
  29. MüKo StGB, 3. Auflage 2017, § 242 Rn. 162 ff.
  30. Schönke/Schröder StGB, 30. Auflage 2019, § 242 Rn. 65.
  31. BGH, Beschl. v. 30.03.2005, Az.: 4 StR 16/05.
  32. Schönke/Schröder StGB, 30. Auflage 2019, § 249 Rn. 13.
  33. BGH, Beschl. v. 30.03.2005, Az.: 4 StR 16/05.

Artikel verfasst von: 

Lucas Kleinschmitt

Lucas ist Volljurist und Gründer von Juratopia. Nach Studium an der Bucerius Law School und Referendariat in Hamburg hat er einige Jahre als Anwalt in der Großkanzlei und als Syndikus in einem DAX-Konzern gearbeitet. Heute ist er General Counsel in einem IoT Startup.

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