Das kaufmännische Bestätigungsschreiben ist ein besonderes Rechtsinstitut im Handelsverkehr. Es dient – wie so vieles im Handelsrecht – der schnellen und reibungslosen Abwicklung von Handelsgeschäften sowie der Vorbeugung von Rechtsstreitigkeiten.1

Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben wird im Anschluss an Vertragsverhandlungen, die (meist) zu einem formlosen Vertragsschluss geführt haben, von der einen an die andere Partei gesendet und gibt die Vertragsbestimmungen wieder, auf die sich die Parteien nach Auffassung des Absenders formlos geeinigt haben. Widerspricht der Empfänger diesen Bestimmungen nicht unverzüglich, werden sie verbindlicher Vertragsbestandteil.

Während das kaufmännische Bestätigungsschreiben ursprünglich als Handelsbrauch gemäß § 346 HGB angesehen wurde, ist es mittlerweile zu Gewohnheitsrecht erstarkt.2 Es wird deshalb nicht als Tatbestandsmerkmal des § 346 HGB geprüft, sondern als eigenständiger Rechtssatz.3

Im Folgenden zeige ich Dir zuerst ein Kurzschema für den ersten Überblick über das kaufmännische Bestätigungsschreiben. Darunter findest Du dann ein ausführliches Prüfungsschema zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben mit Definitionen und Erläuterungen.

Zunächst ein Kurzschema zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben ohne Definitionen:

I. Persönlicher Anwendungsbereich

II. Vorausgegangene Vertragsverhandlungen

III. Inhalt des kaufmännischen Bestätigungsschreibens

1. Absender

2. Bezugnahme auf die vorausgegangenen Verhandlungen

3. Behauptung eines Vertragsschlusses

4. Wiedergabe des wesentlichen Vertragsinhalts

5. Erkennbarer Festlegungswille

IV. Form des kaufmännischen Bestätigungsschreibens

V. Zugang

VI. Schweigen des Empfängers

VII. Zeitlicher und sachlicher Zusammenhang

VIII. Redlichkeit des Absenders

IX. Rechtsfolge

Sodann ein ausführliches Schema zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben mit Definitionen und Klausurproblemen:

I. Persönlicher Anwendungsbereich

Da sich das kaufmännische Bestätigungsschreiben mittlerweile als Gewohnheitsrechtssatz rechtlich verselbstständigt hat, müssen die Parteien nicht zwingend Kaufleute und Beteiligte an einem Handelsgeschäft gem. §§ 343, 346 HGB sein.4 Entscheidend ist vielmehr, dass die Beteiligten wie ein Kaufmann selbstständig und in größerem Umfang am Rechtsverkehr teilnehmen.5

  • Auf Kaufleute iSd §§ 1-6 HGB sind die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens immer anwendbar.6
  • Auf andere Unternehmer (z. B. Freiberufler) sind die Grundsätze manchmal, aber nicht immer anwendbar. Ob die jeweilige Person wie ein Kaufmann am Rechtsverkehr teilnimmt, muss anhand der Umstände des Einzelfalls ermittelt werden.7
  • Außerdem müssen Scheinkaufleute die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens gegen sich gelten lassen.8

II. Vorausgegangene Vertragsverhandlungen

Dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben müssen Vertragsverhandlungen der Parteien vorausgegangen sein, wobei auch beide Parteien in jeweils unterschiedlicher Form verhandeln können (z. B. schriftliches Angebot einer Partei und telefonische Antwort der anderen Partei).9 Dabei müssen die essentialia negotii des Vertrages hinreichend erörtert worden sein.10

  • Achtung: Ein tatsächlich zwischen den Parteien zustande gekommener Vertragsschluss ist hingegen nicht erforderlich.11 Eine wichtige Eigenschaft des kaufmännischen Bestätigungsschreibens liegt nämlich gerade darin, dass es auch einen nicht erfolgten Vertragsschluss ersetzen kann.

III. Inhalt des kaufmännischen Bestätigungsschreibens

Damit das kaufmännische Bestätigungsschreiben seine Wirkungen entfalten kann, muss es folgende Punkte beinhalten:12

1. Absender

Das kaufmännische Bestätigungsschreiben muss zumindest anhand der Umstände seinen Absender erkennen lassen.13

2. Bezugnahme auf die vorausgegangenen Verhandlungen

Der Empfänger muss zumindest anhand der Umstände erkennen können, auf welche Verhandlungen bezuggenommen wird und wann sowie (falls Vertreter beteiligt waren) mit wem diese geführt wurden.14

3. Behauptung eines Vertragsschlusses

Wie oben erklärt, ist ein tatsächlicher Vertragsschluss nicht erforderlich, da dieser auch durch das kaufmännische Bestätigungsschreiben selbst herbeigeführt werden kann. Davon streng zu unterscheiden ist aber die stets geltende Voraussetzung, dass der Absender einen Vertragsschluss behauptet bzw. den Vertrag im Schreiben (wenigstens konkludent) als geschlossen bezeichnet.15

4. Wiedergabe des wesentlichen Vertragsinhalts

Das Schreiben muss die Bestimmungen, auf die sich die Parteien nach Auffassung des Absenders geeinigt haben, präzise und im Wesentlichen vollständig wiedergeben.16 Da Unsicherheiten über den tatsächlichen Vertragsinhalt ausgeräumt werden sollen, sind in den Grenzen von Treu und Glauben Abweichungen vom Wortlaut der Verhandlungen sowie Ergänzungen zulässig.17

5. Erkennbarer Festlegungswille

Dieser fehlt beispielsweise, wenn der Absender den Empfänger auffordert, den Vertragsschluss ebenfalls zu bestätigen oder wenn der Inhalt so stark erweitert wird, dass sich das Schreiben als neues Angebot darstellt.18

IV. Form des kaufmännischen Bestätigungsschreibens

Das kaufmännische Bestätigungsschreiben muss nicht in Schriftform, aber zumindest in Textform verfasst sein, sodass eine Absendung als E-Mail genügt.19

Ferner muss das kaufmännische Bestätigungsschreiben nicht als solches bezeichnet werden. Die Prüfung, ob ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben vorliegt, richtet sich allein nach seinem Inhalt, sodass z. B. die Bezeichnung als Auftragsbestätigung der Annahme eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens nicht entgegensteht.20

V. Zugang

Die „Widerspruchsfrist“ des Empfängers (siehe unten) beginnt mit dem Zugang, den der Absender beweisen muss und der sich nach allgemeinen Regeln (§ 130 BGB) richtet.21

VI. Schweigen des Empfängers

Um die Wirkungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens abzuwenden, muss der Empfänger dem Schreiben unverzüglich, also meist innerhalb von ein bis zwei Tagen, (auch formlos oder konkludent) widersprechen.22

VII. Zeitlicher und sachlicher Zusammenhang

Nach der Rechtsprechung muss das kaufmännische Bestätigungsschreiben dem Empfänger im „unmittelbaren Anschluss“ an die Vertragsverhandlungen zugehen.23 Gemeint ist damit letztlich, dass das Schreiben zu einem Zeitpunkt zugehen muss, zu dem aus Sicht des Empfängers – auch unter Berücksichtigung des Vertrags – noch mit dem Zugang eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens gerechnet werden konnte.24

VIII. Redlichkeit des Absenders

Schließlich folgt aus Treu und Glauben, dass der Absender keinen Vertrauensschutz genießen kann, wenn er ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben in dem Wissen absendet, dass ein Vertrag in Wirklichkeit nicht zustande gekommen ist.25

IX. Rechtsfolge

Sind alle tatbestandlichen Voraussetzungen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens erfüllt, so wird der im Schreiben wiedergegebene Vertragsinhalt für beide Parteien bindend.26

Darüber hinaus wird vermutet, dass das kaufmännischen Bestätigungsschreiben die Vereinbarungen vollständig wiedergibt. Der Empfänger kann aber nachweisen, dass zusätzliche Abreden getroffen wurden, sofern diese dem durch das kaufmännische Bestätigungsschreiben „zementierten“ Vertragsinhalt nicht widersprechen.27

Schlusswort

Ich hoffe, Du fandest dieses Prüfungsschema zum kaufmännischen Bestätigungsschreiben hilfreich. Wenn Du Verbesserungsvorschläge hast, lass es mich gerne wissen! Ich bin immer bemüht, die Inhalte auf Juratopia weiter zu verbessern.

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Quellennachweise:

  1. EBJS HGB, 4. Auflage 2020, § 346 Rn. 243.
  2. BGH Az.: VII ZR 186/09.
  3. MüKo HGB, 4. Auflage 2018, § 346 Rn. 144.
  4. EBJS HGB, 4. Auflage 2020, § 346 Rn. 299.
  5. BGH Az.: VII ZR 186/09.
  6. EBJS HGB, 4. Auflage 2020, § 346 Rn. 298.
  7. BGH Az.: VIII ZR 341/86.
  8. EBJS HGB, 4. Auflage 2020, § 346 Rn. 307.
  9. BGH Az.: VII ZR 70/68.
  10. OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.1994 – 22 U 59/94.
  11. BeckOK HGB, 30. Edition 2020, § 346 Rn. 50.
  12. EBJS HGB, 4. Auflage 2020, § 346 Rn. 262.
  13. EBJS HGB, 4. Auflage 2020, § 346 Rn. 263.
  14. EBJS HGB, 4. Auflage 2020, § 346 Rn. 264.
  15. BGH Az.: VIII ZR 190/70.
  16. EBJS HGB, 4. Auflage 2020, § 346 Rn. 266.
  17. BeckOK HGB, 30. Edition 2020, § 346 Rn. 53.
  18. EBJS HGB, 4. Auflage 2020, § 346 Rn. 276.
  19. MüKo HGB, 4. Auflage 2018, § 346 Rn. 151.
  20. BGH Az.: VIII ZR 234/72.
  21. BGH Az.: IV ZR 204/75 (KG).
  22. BeckOK HGB, § 346 Rn. 58.
  23. BGH Az.: VIII ZR 164/68.
  24. BeckOK HGB, 30. Edition 2020, § 346 Rn. 51.
  25. BGH Az.: II ZR 248/54.
  26. MüKo HGB, 4. Auflage 2018, § 346 Rn. 165.
  27. BGH Az.: VIII ZR 108/75.

Artikel verfasst von: 

Lucas Kleinschmitt

Lucas ist Volljurist und Gründer von Juratopia. Nach Studium an der Bucerius Law School und Referendariat in Hamburg hat er einige Jahre als Anwalt in der Großkanzlei und als Syndikus in einem DAX-Konzern gearbeitet. Heute ist er General Counsel in einem IoT Startup.

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