Interessierst Du Dich für eine Tätigkeit als Investment Associate bei einem Private Equity Investor? Aber bist Du unsicher, wie Du an so einen Job rankommen sollst?

Dann wird dieser Artikel Dir helfen. Ich habe einen Juristen interviewt, der ein Angebot von einer renommierten Private Equity Gesellschaft (PEG) bekommen hat. Im Interview verrät er uns, wie er das gemacht hat und gibt Dir Tipps, wie Du es auch schaffen kannst.

Bevor wir einsteigen, eine Anmerkung vorweg: Der Einstieg bei einem PE-Investor erfordert gute Noten, eine langfristige Vorbereitung und eine hohe Arbeitsbereitschaft. Solche Jobs sind also vor allem für sehr karriereambitionierte Juristen geeignet, die vielleicht eine Alternative zur Großkanzlei suchen.

Das vorweggenommen, lass uns loslegen:

Lucas: Hallo Sebastian*, danke für das Interview!

Sebastian: Hi Lucas, sehr gerne.

Lucas: Erstmal herzlichen Glückwunsch zu Deinem Einstieg bei einer Private Equity Gesellschaft. Das ist ja doch ein eher seltener Weg und bestimmt auch nicht ganz einfach.

Sebastian: Danke. Ja, einfach ist es nicht, aber mit der richtigen Vorbereitung durchaus machbar.

Lucas: Private Equity gehört für Juristen definitiv zu den unkonventionellen Jobs. Kannst Du vielleicht erstmal kurz erklären, was ein Private Equity Investor überhaupt macht?

Sebastian: Klar. Private Equity Firmen kaufen Beteiligungen an Unternehmen, um damit eine Rendite zu erwirtschaften, zunächst aus dem Cashflow, in der Regel aber auch durch den späteren Verkauf der Beteiligung, den sogenannten Exit.

Der Begriff „Private Equity“ grenzt von börslich gehandelten Anteilen ab. Private Equity ist also grundsätzlich die außerbörsliche Investition in Unternehmen, es gibt aber auch Public-to-Private Transaktionen.

Lucas: Und was machen die Leute, die bei einer solchen PEG arbeiten, konkret?

Sebastian: Bei einem PE-Investor beobachtest Du zunächst den Markt und suchst nach geeigneten Targets. (Anmerkung von Lucas: Targets sind Investitionsziele, also Unternehmen, die sich für eine Beteiligung eignen.)

Da PEGs Beteiligungskäufe in der Regel zu einem hohen Anteil mit Fremdkapital finanzieren, das nennt sich Leveraged-Buy-Out oder kurz LBO, ist ein vorhersehbar hoher Cashflow oft ein wichtiges Kriterium. Dann kann man die Zinsen auf das Fremdkapital und die Tilgung des Fremdkapitals aus dem Cashflow zahlen.

Du schaust Dir also Unternehmen in einer Branche an und baust Bewertungsmodelle auf mit Hilfe von Balance Sheet, Cashflow Statement und Income Statement. Die Bewertung machst Du dann entweder über Multiples oder die Discounted Cashflow Methode.

Anmerkung von Lucas:

Bei der Bewertung mit Multiples setzt man Unternehmenskennzahlen von vergleichbaren Unternehmen mit Kaufpreisen von deren Beteiligungen ins Verhältnis, ermittelt eine Art branchentypischen Durchschnitt und multipliziert die Kennzahlen des Targets dann mit diesen Zahlen, um einen Unternehmenswert zu schätzen.

Bei der Discounted Cashflow Methode versucht man, die zukünftigen Cashflows des Unternehmens zu ermitteln und daraus den Unternehmenswert zu berechnen.

Eine weitere Aufgabe ist die Portfolio-Verwaltung. Das heißt, Du mischst im strategischen Management der Portfolio Unternehmen mit. Typischerweise nicht unbedingt in den Alltagsfragen der täglichen Geschäftsführung, aber bei größeren strategischen Entscheidungen, wie z.B. Fusionen, der strategischen Ausrichtung und so weiter .

Eine dritte Aufgabe wäre dann der Verkauf des Unternehmens entweder an einen strategischen oder einen Finanzinvestor.

Lucas: Hört sich spannend an. Bevor wir uns anschauen, wie man an so einen Job rankommt, vielleicht erst noch eine nicht ganz unwesentliche Frage zu den Charakteristika des Jobs: Was verdient man in einem Private Equity Unternehmen?

Sebastian: Das ist sehr unterschiedlich. So klare Regeln wie bei Großkanzleien gibt es im PE-Geschäft nicht. Als Berufseinsteiger kommt es darauf an, bei welcher Gesellschaft man einsteigt, ob man schon Berufserfahrung z.B. als Unternehmensberater mitbringt und an welchem Standort man arbeitet. Je nachdem dürfte sich die Bandbreite so zwischen 60.000 Euro und 250.000 Pfund bewegen.

Selbst bei einem größeren Private Equity Fund steigt man in Deutschland als Berufseinsteiger, der direkt von der Uni kommt , schon ein ganzes Stück unter 100.000 Euro Jahresgehalt ein. Dafür aber halt auch ohne zweites Staatsexamen. Man muss aber dazu sagen, dass so ein Direkteinstieg die Ausnahme ist. Dazu kommen wir später noch.

Wenn man, und das ist der Normalfall, vorher schon zwei Jahre in einer Unternehmensberatung oder im Banking gearbeitet hat, sind es um die 120.000 Euro. Bei einer kleineren Gesellschaft aber vielleicht auch nur 60.000 Euro. Die Bandbreite ist also auch hier groß und es ist auch nicht zwingend, dass man mit beruflicher Vorerfahrung mehr verdient.

Das höchste Einstiegsgehalt, was ich kenne, wurde einem Berufseinsteiger in London gezahlt: 250.000 Pfund. Darin ist ein Bonus und vor allem eine Erfolgsbeteiligung an den Deals aber schon enthalten.

Umso weiter man auf der Karriereleiter aufsteigt, desto mehr geht es nach oben, wobei es kaum eine Grenze gibt. Das Einkommen ist dann oft erfolgsabhängig. Auf der höchsten Karrierestufe sind in großen Ausnahmefällen auch mittlere zweistellige Millionenbeträge in einem Jahr möglich. Das sind dann aber wirklich schon ganz große Ausnahmen, die durch Erfolgsbeteiligungen zu Stande kommen.

Auf der anderen Seite ist das fixe Einkommen eher niedriger als bei Großkanzleianwälten, Strategieberatungen oder Bankern. Man arbeitet also mit einem größeren Risiko.

Lucas: Okay, trotzdem, das Gehalt braucht sich hinter dem einer Großkanzlei keineswegs zu verstecken. Wie kommt man an so einen Job?

Sebastian: Stellen bei PE-Firmen werden selten ausgeschrieben. Das liegt einfach daran, dass es ziemlich wenige solcher Stellen gibt und das Anforderungsprofil recht speziell ist. Der beste Weg geht deshalb über die Reporter-Taktik, die Du in Deinem E-Mail Kurs beschreibst. Ich würde sogar sagen, anders geht es kaum. Es sei denn, Du hast schon Berufserfahrung und wirst von einem Headhunter gefunden.

Anmerkung von Lucas:

Bei der Reporter-Taktik suchst Du gezielt nach Menschen in Deiner Zielbranche und stellst ihnen verschiedene Fragen zu ihrer Arbeit. Auf diese Weise knüpft Du Kontakte, lernst Insiderwissen über die Branche und erfährst, wenn Stellen frei werden, auch ohne dass sie ausgeschrieben sind. Der ehemalige E-Mail Kurs ist inzwischen als Artikelserie zum Bewerben für Juristen online. Den Artikel zur Reportertaktik findest Du hier.

Das heißt aber nicht, dass Du den Job einfach mit Kontakten bekommst. Die Kontakte helfen Dir nur, von der Stelle überhaupt zu erfahren.
Überzeugen musst Du selbst. Dazu gehe ich glaube ich am Besten auf die Unterschiede ein, die es im Bewerbungsverfahren zu den klassischen juristischen Jobs gibt.

Lucas: Ja, das wäre super.

Sebastian: Im Jobinterview muss man natürlich auch das zeigen, was Sven in Eurem E-Mail Kurs sagt: Motivation und Kompetenz. Ich würde bei Private Equity Gesellschaften aber noch einen zusätzlichen Faktor hervorheben, der hier eine besonders große Rolle spielt: Ich nenne das jetzt mal „Likeability“.

PEGs sind relativ klein und man arbeitet eng zusammen. Deshalb achten die meisten in den Gesprächen schon sehr darauf, ob sie einen persönlich mögen.

(Anmerkung von Lucas: Sven ist der Bewerbungstrainer, mit dem ich den E-Mail Kurs bzw. die Artikelserie zusammen entwickelt habe.)

Der Kompetenzfaktor wird auch anders bewertet als bei klassischen Jura-Berufen. Eine gute Note ist zwar auch wichtig. Zusätzlich ist aber der Ruf der Universität, an der man studiert hat, deutlich wichtiger als bei Jura.

Sowohl die Bedeutung der Note als auch der Uni sind aber, anders als in juristischen Branchen, „verbraucht“, sobald Du die Einladung zum Vorstellungsgespräch hast. Du kannst Dich also nicht von Deiner guten Note durchs Vorstellungsgespräch tragen lassen.

Stattdessen musst Du dort Assessment-Center-artig Deine Kompetenz speziell für die Arbeit in der PE Branche unter Beweis stellen. Deshalb ist eine gute Vorbereitung essentiell.

Lucas: Was für Aufgaben stellen einem die Private Equity Gesellschaften denn?

Sebastian: Da geht es um Accounting, Valuation und Modeling, also Merger- und LBO-Models. Es werden jedenfalls von Juristen keine richtig tiefgehenden Fachkenntnisse erwartet , aber die wollen sehen, dass Du die Prinzipien verstanden hast.

Du kannst ganz unterschiedliche Aufgaben bekommen. Manchmal stellen sie Dir abstrakte Fragen, wie „Was sind die Vor- und Nachteile der Bewertungsmethode X im Szenario Y?“, teilweise musst Du Kennzahlen berechnen oder Excel-Models erklären, die Du vorgesetzt kriegst.

Theoretisch kann es auch passieren, dass Du Excel-Models selbst erstellen sollst, allerdings halte ich das bei einem Juristen ohne entsprechende Vorerfahrungen schon eher für unwahrscheinlich.

Klar sind das Sachen, die man als Jurist nicht ohne weiteres kann. Es gibt aber viele gute Bücher, Blogs und Kurse, mit denen man sich auf solche Tests vorbereiten kann. Das notwendige Wissen kann man sich gut aneignen.

Ich kann dazu folgende Materialien empfehlen:

Lucas: Okay, die Kompetenz muss man üben, kann man aber auch. Danke für die Tipps zu den Materialien! Was ist mit dem dritten Faktor, der Motivation?

Sebastian: Hier kommt es wieder genau auf das an, was Ihr in Eurem E-Mail Kurs predigt: Gutes Storytelling. Du musst glaubwürdig erklären, warum Du als Jurist ins PE Geschäft willst. Ich habe das so erklärt:

Ich habe mich als Jurist vor allem für M&A interessiert und das Transaktionsgeschäft kennengelernt. Dabei habe ich gemerkt, dass ich die Commercials und Financials noch spannender als den juristischen Teil finde und da gerne dichter ran will. Deshalb habe ich zuerst ein Praktikum bei einer Unternehmensberatung gemacht und mich dann im Private Equity Bereich beworben.

Diese Story funktioniert natürlich nur, weil sie wahr ist. Wer so eine Story nicht hat, muss sie sich aufbauen. Man muss diese Karriereentscheidung deshalb schon etwas langfristig planen. In Deutschland arbeiten die allermeisten übrigens zuerst zwei bis drei Jahre bei einer Investmentbank oder Unternehmensberatung und wechseln dann in eine PE-Gesellschaft. Das kann den Einstieg deutlich erleichtern bzw. oft auch überhaupt erst ermöglichen.

Lucas: Wann sollte man als Jurist denn einsteigen? Nach dem ersten Examen?

Sebastian: Das ist ein wichtiges Thema. Es gibt in der Finance Branche nämlich noch einen Unterschied: Die Berufseinsteiger sind viel jünger. Wer mit 26 anfängt zu arbeiten, ist im Finance schon alt. Da die Gesellschaften sehr auf homogene Teams achten, ist es schwer, mit über 30 noch den Anfang zu machen.

Ich würde deshalb jedenfalls nicht beide Staatsexamina machen und dann in Ruhe noch ein paar Jahre promovieren. Eine Möglichkeit ist, nur einen Bachelor of Laws zu machen und dann einen Master in BWL oder Finance nachzuschieben oder gleich Berufserfahrung in einer großen Strategieberatung zu sammeln.

Nach dem ersten oder zweiten Staatsexamen einzusteigen geht aber auch – man sollte die Dinge dann halt nur zügig erledigen, sich wahrscheinlich besser auch zwischen Promotion und zweitem Examen entscheiden und seine Ausbildung schon in Richtung Finance auslegen – z.B. durch Praktika bei Beratungen oder einer Investment Bank.

Lucas: Hat man als Jurist im PE Bereich denn auch Vorteile gegenüber den ganzen BWLern, oder ist der juristische Hintergrund eher ein Nachteil?

Sebastian: Ich empfinde das Jurastudium eher als Vorteil. Die PE-spezifischen BWL-Kenntnisse haben BWLer auch nicht unbedingt, wenn sie nicht im Studium einen entsprechenden Schwerpunkt gesetzt haben. Und man eignet sich das auch als Jurist mit ein bisschen Vorbereitung gut an und hat dann keinen wesentlichen Nachteil mehr.

Auf der anderen Seite hilft einem juristisches Verständnis manchmal schon. In insolvenznahen M&A-Deals kann zum Beispiel ein Hintergrundwissen im Insolvenzrecht nützlich sein. Auch SPAs (Anmerkung Lucas: Share Purchase Agreements, also Unternehmenskaufverträge bei Share Deals) und die Akquisitionsfinanzierung versteht man also Jurist oft besser. Durch dieses tiefere Verständnis kann juristisches Wissen helfen, auf Investitionsideen zu kommen.

Lucas: Das sind gute Nachrichten. Eine letzte Frage hätte ich noch: Wie läuft eine Bewerbung bei einer Private Equity Gesellschaft denn vom Prozess her ab?

Sebastian: Nach der schriftlichen Bewerbung kommt zuerst oft ein Telefoninterview. Danach kommen dann Gespräche vor Ort mit junioreren Mitarbeitern. Erst am Ende spricht man dann mit dem Managing Director. Dieser gesamte Prozess kann sich theoretisch über beliebig viele Runden hinziehen.

Lucas: Sebastian, tausend Dank, das war ein spannender und tiefer Einblick in den Berufsweg Private Equity für Juristen! Ich habe jedenfalls viel gelernt.

Sebastian:
Immer gerne!

*Name geändert.

Artikel verfasst von: 

Lucas Kleinschmitt

Lucas ist Volljurist und Gründer von Juratopia. Nach Studium an der Bucerius Law School und Referendariat in Hamburg hat er einige Jahre als Anwalt in der Großkanzlei und als Syndikus in einem DAX-Konzern gearbeitet. Heute ist er General Counsel in einem IoT Startup.

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